Lehren aus Corona?
Die Corona-Krise hat uns überrascht, vor Herausforderungen gestellt, die wir so noch nie erlebt haben.
Danny Frischknecht
Die Schulen waren besonders betroffen. Ohne Vorbereitungszeit waren neue Formen des Unterrichtens gefragt – besonders digitale Möglichkeiten, um mit den Schülerinnen und Schülern in Kontakt zu bleiben.
Hat man die Medienberichterstattung verfolgt, entstand der Eindruck, als wäre das zwar eine Herausforderung gewesen, aber grundsätzlich reibungslos vonstatten gegangen. Ganz so, als wären alle Schulen für diesen Schritt bereit gewesen. Oder vielleicht doch nicht?
Was geleistet und erreicht wurde:
Was sämtlichen Beteiligten zugute gehalten werden muss; hier wurde eine Notsituation mit enormem Aufwand bewältigt, haben sich landauf landab Tausende Lehrerinnen und Lehrer bemüht, eine möglichst gute Lernunterstützung aufzubauen. Mittlerweile hat sich dieser Aufwand in gewissen Kantonen noch erhöht. Der Präsenzunterricht wurde wieder gestartet, mancherorts nur zum Teil, der andere Teil bleibt online. Die Lehrpersonen müssen also den analogen und den digitalen Unterricht bewältigen.
Eine weitere Tatsache, die geholfen hat; die Schweizer Schulen haben eine vergleichsweise sehr gute Infrastruktur. Das gilt zwar nicht für alle Regionen und Schulen im gleichen Mass, gegenüber anderen europäischen Ländern stehen hierzulande jedoch gute technische Lösungen zur Verfügung.
Zwei zentrale Punkte kamen zu kurz:
- Methodisch und didaktisch wurden weitgehend analoge Mittel „digitalisiert“, die vielfältigen Möglichkeiten der digitalen Welt wurden nur zu einem kleinen Teil genutzt.
- Der Datenschutz ist vollends unter die Räder gekommen. Nachdem die letzten Jahre Lösungen wie Office 365, iCloud oder Google Classroom oder die sozialen Medien unter Beschuss standen, wurden jetzt fröhlich sämtliche Mittel genutzt, die zur Verfügung standen.
Was ist daraus zu lernen?
Besondere Situationen erfordern besondere Lösungen. Es kann den Beteiligten kaum ein Vorwurf gemacht werden. Die Herausforderung war, den Schulbetrieb so gut wie möglich aufrecht zu erhalten – das ist gelungen.
Jetzt ist der Zeitpunkt, um mindestens zwei Dinge zu leisten:
- Es muss analysiert werden, was die aufgebauten Lösungen geleistet haben, was gut funktioniert hat und was man weiterhin verwenden kann.
- Es müssen Grob- und Detailkonzepte entstehen, die einige der brisanten Fragen klären:
- Was unterscheidet analogen von digitalem Unterricht?
- Wie kann eine Digitalisierung erreicht werden, welche den analogen Unterricht unterstützt oder erweitert?
- Was braucht es, damit der Schutz von Persönlichkeit und Daten gewährleistet bleibt?
- Welche Hilfsmittel brauchen Schulen, damit sie diese Herausfroderungen meistern können?
Fazit
Ich halte es für naiv, wenn man glaubt, dass jetzt ein „Digitalisierungsschub“ durch die Schulen gegangen ist.
Wir werden bald ernüchtert darüber sein, dass viele digitale Möglichkeiten so schnell wieder verschwinden, wie sie „aufgetaucht“ sind.
Wir werden ernüchtert darüber sein, wie wenig Schulentwicklung wirklich geschehen ist, wie wenig Erfahrungen und Erkenntnisse aufgegriffen, weiterentwickelt und gelebt werden.
Warum? Weil die Digitalisierung des Unterrichtes eine enorme Herausforderung darstellt und es nicht damit getan ist, dass Arbeitsblätter online gestellt oder Videokonferenzen durchgeführt werden.
Das Schlagwort „Pädagogik vor Technik“ wird von vielen Experten zerpflückt und negiert – dazu gibt es viele sachlichen Gründe.
Wenn wir aber darunter verstehen, dass Unterricht und Lernverständnis weiterentwickelt werden und die digitalen Möglichkeiten mit einschliesst (Pädagogik) und das dann die Grundlage bildet, damit funktionale Anforderungen an die Hilfsmittel definiert und sie entsprechend gestaltet werden (Technik), dann wird aus dem Schlagwort ein Schuh
Was also bedeutet Bildung? Welches sind die Bedürfnisse der Lernenden? Welche Mittel unterstützen die Prozesse?
Diese Fragen sind zentraler als die Frage, ob es jetzt ein Tablet sein soll oder ein Laptop mit Tastatur und Trackpad.